Antiker Tempel in Paestum/Rom -        Besinnung 3

    Menschsein - ein Glücksgeschenk der Evolution?
     Wir stellen uns unserer Herkunft mit Verstand und offenem Herzen. Als Kinder der Evolution
berührt uns
das
Leben mit jedem Atemzug. Jede
Zelle unseres Körpers
bewegt ein "Ja". Dieses will den ihnen zugewiesenen Platz
einneh
men und sich entwickeln. Alle drei Energiefelder - Körper, Seele, Geist - stimmen dem geheimen Urgrund zu.
Sie geben
Raum für Zuwendung, Entwicklung, Gedeihen, Freude und vermeiden Verletzung und Tod.

     Unsere Vorläufer lebten Millionen Jahre lang in kleinen Gemeinschaften. Sie begannen, ihren Nachbarn zu fragen:
"Wie geht es dir?"
Sie fingen an, 'Du' und 'Ich' sagen, was in eine folgenreichen personhafte Entfaltung führte.
Neben ihrem eigenen Befinden richtete sich ihre Aufmerksamkeit nun auch auf das Befinden ihrer Nachbarn. Geistig
und emotional zogen diese in ihr Gehirn ein.
Ihr interessierter, neugierigerGeist nahm teil an ihnen und und kümmerte sich.

     Ihr Fragen an andere wurde eine Revolution in der Evolution. Sie erweiterten die Fähigkeiten tierischer Vorfahren. Nicht
eine höhere Intelligenz wurde das Besondere
der Menschen. Es war das Mitdenken, Teilnehmen, Unterstützung-Geben.
In einer gefährlichen, unpersönlichen Natur tat das persönliche Sich-Verbinden und Unterstützen gut
.
Es wurde der starke
Antrieb zu besonderem Glück, ermöglichte aber auch Beschwernisse und Unglück.
Aus 'Eigenbrötlern' wurden Partner.
A
bends saßen sie um das Lagerfeuer, erzählten sich die Erlebnisse des Tages und genossen gegrilltes Fleisch.

       Aus Tieren wurden Menschen
      Alle unsere Eigenheiten wurden in der Evolution auf Überleben, Wohlbefinden und Lebensweitergabe auf 'Herz und Nieren' geprüft. Unsere Besonderheit zeigt sich unüberhörbar, wenn uns Schmerz oder Unglück treffen. Dann rufen wir: "Wer hilft mir?" Neben der Erfüllung der eigenen Bedürfnisse sorgte dieser Antrieb für beglückende Zugehörigkeit. Es scheint ein Widerspruch zu sein, dass wir auch eigenständige Personen sein wollen, zugleich aber verbundene Partnerwesen. Daraus entstehen 'Auseinandersetzungen.

      Die Doppelenergie bemüht den Geist und stellt vor viele Entscheidungen. Durch Fragen, Denken, Mitfühlen erweiterterten sie ihr Bewusstsein. Menschen leben nun je nach ihren Neigungen in einer Fülle von Verbundenheiten. Durch Partner, die 'ans Herz wachsen und teuer geworden sind, treten geistige Welten aus Vergangenheit und Zukunft vor ihre Augen. Mit anderen sind sind sie auf 'Gedeih und Verderb' verbunden. Dieser Verbundenseinsstrieb ermöglicht es, in freundliche, lockere oder feste Partnerschaften einzutreten, die außergewöhnliche Gemeinschafts-Leistungen und Freuden erschaffen.

      Unsere drei Energiefelder - Körper, Seele und Geist - sind irgendwie auch eigenständige Persönlichkeiten. Jede hat ihre besonderen Befähigungen und Wünsche. Das Bedürfnis nach Gemeinsamkeit hat die andere Seite. Bewusst oder unbewusst können wir aus Zuwendung Abwendung machen und aus Zuneigung Abneigung. Eine bloße Abwertung kann Ärger und Stress hervorrufen. Sie führt zu Kränkungen, Ängsten, Zorn und Zerbrechen der Gemeinschaft. Diese Unglück schaffende Seite, die bis zu Vernichtung und Tod gehen kann, ist die Möglichkeit der Verbundenheit.

     Fortschritt und immer neue Revolutionen
        Unseren Vorläufern waren Landschaften, Flüsse und Berge belebte Wesen. Bei ihnen empfingen sie Fülle und Mangel. Die Frühmenschen fragten die Anderen ihrer Gruppe: "Welches Glück hattest du heute auf der Jagd? Welche Gefahren erlebtest du beim Sammeln oder Beschützen der Kinder?" Tiere müssen herausfinden: Wer ist der Stärkste, wer das Alpha-Tier, wer bekommt den Löwenanteil und die Fress- und Zeugungs-Rechte? Die angehenden Menschen entwickelten für ihr Zusammenleben neue Ordnungen. Dem anderen Partnersein ist heute eine Notwendigkeit auf allen Kontinenten geworden. In allen Kulturen und Lebensphasen ist das Gestalten von Partnerschaft keine Nebensache. Sie ist die notwendige Lebensarbeit privat und politisch für alle Menschen geworden. Sie kostet Zeit und Arbeit für jung und alt. Partnerschaften sind eine kippelige Angelegenheit. Die Balance bei Laufen oder Schwitzen unseres Körpers werden unbewusst gesteuert. Nun aber muss unser Gehirn die Balancen zwischen Gemeinsamsein und für Für-sich-Sein prüfen. Es gibt ein Zuviel und ein Zuwenig. Ein Zuwenig führt in Not, ein Zuviel kann zur Plage werden. In unserer Zeit wird bewusst, dass wir unsere Vorsorge auf die ganze Erde ausdehnen müssen. Sie als 'Partnerin' zu sehen, wird die Grundlage für Überleben und Leben.

       Da wir Menschen Personen geworden sind, entwickelten wir ein Gewissen. Es ist die mahnende Stimme unserer Verbundenheiten. Bei Missachtung oder Untreue sendet es 'Gewissensbisse', Schuldgefühle. Seine Arbeit ist, Verbundenheiten, zu beschützen. Welche wollen oder müssen wir beschützen? Die Nazi-Getreuen vollbrachten einst mörderische, politisch gesteuerte Vernichtungstaten in Gefolgschaft zu Führer und Vaterland. Dazu gab es Unschuldsgefühle und das Lob des Gewissens, wie es Prozesse vor Gericht hörbar machten. In Kriegs- und Kolonialzeiten gaben Verachtung, Herabsetzung und Vernichtung fremder Menschen und Kulturen das Lob der Gewissen. Der Verräter Edward Snowden kündigte seine Treue gegenüber den amerikanischen Geheimdienst und verriet ihre Taten. Für seine Untreue gegenüber den USA bezahlte er mit Bedrohungen und harten Bestrafungen. Wohltuende Handlungen in Verbundenheit nennen wir 'Pflichtgefühle' oder 'Verantwortung'. Im persönlichen Bereich nennen wir sie 'Liebe' oder 'Treue'. Eine große Selbst-Liebe' nennen wir 'Egoismus', räuberische Handlungen kriminell oder verbrecherisch.

      Die Kulturen der letzten zehntausend Jahren erfanden immer neue, geistige Welten, für die Menschen Tempel und Paläste bauten. In ihnen verehrten sie Personen und Dinge, denen sie Wertschätzung und göttliche Eigenschaften zuschrieben. Land wurde zu Äckern, Tiere zu Nutztieren, Pflanzen zu Nutzpflanzen. Aus Höhlen wurden Hütten und Häuser. Dinge wurden zu Waren und Hilfegeben zu Dienstleistungen. Götter betraten die geistigen Bühnen der Gehirne. Sie sollten Schutz, Ordnung und Belohnungen geben. Große Besitztümer machten reich und mächtig. Mit der Erfindung der Tauschware 'Geld' bekamen alle Dinge und Dienste einen messbaren, zählbaren Wert. Das war ungeheuer nützlich. Die andere Seite aber war, dass diese Tauschware persönliche Miteinander verminderten. Sie wurden unpersönlicher. Es entstanden Traditionen, Gesetze und heilige Geschichten, die die Beziehungen ordneten. Mächtige Herrscher erhoben sich. Sie sorgten für Gesetze, Brot und Spiele, aber auch für Kriege, Siege Niederlagen und Unterwerfung. Sie kosteten Menschen unendlich große Opfer. Menschengruppen einten sie mit Zwang oder Verträgen zu Völkern und Nationen.

      Zusammenhalt, Frieden und kreative Entfaltungen gaben den Menschen nie gewesenen Wohlstand. Reichtum und Fülle zeigte auch eine andere Seite. Gesellschaften mit Tausenden von Menschen ordneten ihr Miteinander oft nach den Regeln der Tierzeit. 'Wer viel hat, will mehr. Wer groß ist, will Größeres. Die Kleinen bleiben klein. Frauen oder andere haben zu dienen. 'Höher, weiter, schneller, mehr und Wachstum werden zu luxuriösen Lebenszielen. Für vieie wurden die Erde und die Welt ein ungastlicher Ort und Leben zur Plage. Forderungen nach Partnerschaft mit Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit tauchen auf. Partnerschaft werden oft mit Füßen getreten. Lösungen für gerechte Verteilung der Besitzstände, Müllverschmutzung, Klimaerwärmung und ungehemmtes Bevölkerungswachstum müssen gefunden werden. Menschsein kostet viele Bedrohungen und Unglücke.

   Ich bin ok - du bist ok. Ist das so?
     Trotz aller Forschungen blieben die Entstehung des Universums und Lebens ein Geheimnis. Leben ist ein wunderliches Zusammenspiel, um die notwendige Nahrung in den verschiedenen Landschaften der Erde zu finden. Mangel und Störungen bewirken Hunger oder Tod - aber auch den Beginn einer Fortentwicklung zu neuen Arten, z.B. die Entwicklung der Säugetiere.   Wir Menschen sagen täglich einander: "Guten Tag. Wie geht's? Auf Wiedersehen. Bis bald. Mach's gut." Grüßen ist wie eine Beschwörung zum freundlichen Miteinander. Wir fürchten mögliche Schwierigkeiten und sichern einander unser Wohlwollen zu. Doch freundschaftliche Verbundenheit hat ein Maß zwischen Zuviel und Zuwenig. An einem zufriedenen Leben sind alle Bereiche von Körper, Seele und Geist beteiligt. Noch vor wenigen 10.000 Jahren mussten die Menschen vor dem strengen Richter des 'Am-Leben-Bleibens' bestehen können. Die Gefahr durch Naturereignisse zu früh zu sterben, haben wir Menschen in modernen Zeiten stark verringert oder aufgehoben, z.B. durch Hygiene- und Gesundheitsmaßnahmen. Jetzt führt gerade dies zu Enge und Übervölkerung.

      Eigenlich müssten wir Menschen
uns freuen über unsere Entwicklung zu verstehenden Partnerwesen, die einander zum Glück helfen. Wir müssten ein wertschätzendes, schönes Bild über unsere Menschen-Evolution haben. Doch wir erkennen nur mühsam, was uns aus dem Reich der Tiere und Pflanzen hervorhebt. Unsere Entwicklung zu Partnerwesen ist Geschenk, Aufgabe und zugleich eine uns auferlegte Arbeit. Kooperationen haben Gedeihen und Glück vergrößert. Gelingende Bündnisse mit uns selbst und Identifkationen mit allem anderen auf der Welt schenken Freuden Gemeinsames Planen und Handeln ermöglicht die Verwirklichun großer Projekte, z.B. den Vekehrstunnel 40 m unter der Ostsee. Es gibt die vielen lockeren, spielerischen Verbundenheiten wie Fußball-Spiele, in denen Fans mit 'ihrer' Mannschaft identifiziert sind. Freudenschreie oder Seufzer ertönen beim Schießen eines Tors. Sie fördern selbstgeschaffene Freuden mit kleinen, ertragbaren Leiden.

      Wie es körperliches und seelisches Schmerzen gibt, gibt es auch geistige Schmerzen. Es sind Hass, Zorn, Achtlosigkeit und Gleichgültigkeit, wenn sie Leid vermehren. Schlimm wirken sich alle Lügen, Hass, Herabsetzung und Missachtung aus. Geistige Arbeit zur Lösung erfordert Verabredungen und Kompromisse. Negative Einstellungen erwachsen oft aus Kränkungen, Mängel und unbewusster Wut, die oft bis in kindlicher Zeiten zurückreichen. Wenn unsere Wissenschaften das Wissen um gelingendes Menschsein als Forschungsaufgabe erkunden und lehren würde, wachsen Chancen zu einem realistischen Welt- und Menschenbild. Sie wären Nobelpreise wert.

      Im Garten        Rettungen, Unglücke und Lebensglück wurden Lehrmeister für eine bewusste Partnerschaftskultur. Wir sind Kinder eines geheimnisvollen Universums. Wir anerkennen unsere teilnehmende, neugierige Besonderheit. In uns wird sich das Universum seiner selbst bewusst. "Du, Universum und Erde, bist für uns Mutter und Vater und wir deine unmündigen Kinder. Wir stellen uns den Herausforderungen eines erwachsenen Lebens ohne kindliche Überheblichkeit oder Abwertung."

       Ich sitze in meinem Garten auf einer Bank. Ich frage: Was geschieht, wenn wir die Gegenwart und die Welt nicht mögen und sagen: "Ich mag dich nicht" oder wenn wir sagen: "Ich stimme zu - mir selber , dir Welt ,und dir Nachbar." Unser Teilnehmen durch Ja's oder Nein's öffnen oder schließen Verbundenheiten. Eine uralte Geschichte erzählt von einer großen Flut, die einst die Welt überschwemmte. Als die Wassermassen abfließen, sieht der gerettete Noah am Himmel den leuchtenden Regenbogen. Er deutet ihn als das "Ja" Gottes zu Leben und Neubeginn. - Wie denken wir über die vielen Rettungen in unserem Leben?

       Vor 2.000 Jahren stellte Jesus in seiner Bergpredigt den Religionsdienern seiner Zeit die Frage: "Wie könnt ihr als Gottgläubige mit anderen umgehen, als seien sie Feinde, denen man mit Hass begegnen muss?" Er schaute den schönen Tag und sagte: "Gott lässt seine Sonne aufgehen über Gute und Böse. Er lässt regnen über Gerechte und Ungerechte. Im 'Ja' zu uns und anderen leuchtet Gottes Vollkommenheit. Er sagte weiter: "So wie euer Vater im Himmel vollkommen ist, sollt auch ihr vollkommen sein." (Matth.5,45-48). Jesu Worte weiten den Blick. Unser vorrangiges 'Ja' zu allen und allem sind die Grundlage für unser Handeln. Ihnen folgen unsere zweiten und drittten Schritte.

         Besinnung 3 © Klaus Bieback 17.11.2024 und 24.4.2025 www.bieback.de

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